14.01.2020
Neuland!
Der Anblick eines Wälzschälrades lässt nicht erahnen wie komplex die Berechnung seiner Geometrie tatsächlich ist.
Rückwärtsgedacht: Vom gewünschten Idealzahnrad zum perfekten Wälzschälrad
Es gibt schon unendlich viele unterschiedliche Zahnradgeometrien. Trotzdem lassen sich Ingenieure immer wieder neue Varianten einfallen. Getriebe werden immer komplexer, leichter und kleiner. Die Laufruhe muss selbstverständlich noch überlegener sein als in der Serie davor - und dies bei höchster Beanspruchung. Die Variantenvielfalt der Verzahnungen kennt keine Grenzen, eine hochpräzise Fertigung allerdings schon. Bisher.
Die gewünschte Geometrie eines Zahnrads wird heute vielfach durch das sogenannte Wälzschälen erreicht. Ergo: die Präzision des Zahnrades ist durch die Präzision des Werkzeugs limitiert. Das Prinzip Wälzschälen ist seit über hundert Jahren bekannt, allerdings ist die Technik im Maschinenbau erst seit einigen Jahren in der Lage das Wälzschälen sicher auszuführen. D.h. die bisher gewünschte Präzision der Werkzeuge und somit des Wälzschälens wurde in aufwendigen Entwicklungsschritten erreicht. „Noch vor ein paar Jahren war die Güte der Zahnräder in der Klasse 4 bis 6 das Maß aller Dinge. Heute sind Toleranzen von nur 2µ keine Seltenheit.“ Für Software-Chef Wolfram Hermle von Haas Schleifmaschinen war die Zeit reif, sich einmal ganz grundlegend mit dieser Thematik zu beschäftigen, um nach einer wegweisenden Lösung zu suchen.
Wenn bisher für Zahnräder die Güte 4 bis 6 das Maß der Dinge war, streben wir dann nun eben nach einer Güte von 2 bis 3. So beschreibt Wolfram Hermle seine Anforderung zur Herstellung des perfekten Wälzschälrades.
Bei einem hochpräzisen Getriebe ist das exakte Timing alles. Die zylindrischen Räder müssen hundertprozentig ineinandergreifen. Flankenform und Achskreuzwinkel lassen keine Toleranzen zu, das gilt sowohl für Innen- wie für Außengeometrien.
Die Herstellung solch komplexer Profile erfordert hochkomplexe Berechnungen. In der Profilgenauigkeit bzw. der Teilungsgenauigkeit der Zahnräder setzt sich der minimalste Fehler fort und führt zu Ungenauigkeiten im gesamten Getriebe. Oft ist beim Prototyp des Getriebes nicht mal ersichtlich, wo sich genau der Fehler versteckt. Für die Ingenieure von Haas wurde es Zeit zu handeln.
„Wenn wir das unter Kontrolle haben wollen, müssen wir selbst rechnen.“
„Auf dem Markt gibt es bisher kein zufriedenstellendes Rechenmodell für immer höher werdende Präzisionsanforderungen.“ beschreibt Wolfram Hermle die Situation vor 2 Jahren, als er das Projekt in der Entwicklung der Haas Multigrind® Software angestoßen hat. Das Ziel der Mathematiker war es, eine Rechengrundlage zu schaffen, die in der Lage ist die unglaubliche Variantenvielfalt aller Verzahnungen in den Griff zu bekommen. Und dies in einer Präzision, die den Getriebeherstellern neue Horizonte eröffnet. Abgeleitet von der perfekten Geometrie einer zylindrischen Verzahnung wird auf die Geometrie der Wälzschälräder zurückgerechnet. Die Bewegungsabläufe in der Fertigung und die relative Geschwindigkeit der Flanken definieren die künftige Geometrie des jeweiligen Wälzschälrades.
„Wir rechnen mit der exakten Bahn, die aus der Bewegung des Zahnrades resultiert.“ Genauer möchte sich Wolfram Hermle nicht ausdrücken, denn schließlich handelt es sich bei diesem Rechenmodell um eine Neuentwicklung von Haas Schleifmaschinen, die mit ihrer Alleinstellung im Markt für viel Furore sorgen wird. Das neue Rechenmodell ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist die Umsetzung. Denn präzise Software erfordert eine ebenso exakte Koordination mit einer präzisen Hardware. Die exakte Übertragung der Multigrind® Horizon Software auf die Maschinenbewegung erlaubt keinerlei Abweichungen. Um diese Präzision zu erzeugen, muss die Ausrichtung der Schleifscheibe auf ein zehntausendstel Grad genau erfolgen.
Messen, Abrichten, Schleifen, Messen, Abrichten, Schleifen ...
Die gewünschte Schleifperformance ist ohne ausgefeilte Messtechnik und kontinuierliches Abrichten der Schleifwerkzeuge nicht erzielbar. Die gewünschte Genauigkeit beim Wälzschälrad und im Anschluss beim Zahnrad lässt sich nur erreichen, wenn alle Produktionsschritte in einem kollaborativen Prozess aufeinander abgestimmt sind. Die Ergebnisse des permanenten Nachmessens mit anschließender Kompensation von Fehlern sind die Grundlage der Feinstkorrektur der Schleifbahn. Dieser automatische Prozess erfolgt ganz im Sinne eines Closed Loop. So bleibt die Qualität konstant und fehlerfrei - Werkstück für Werkstück. Die Multigrind® Horizon Software handhabt diese Produktionsabfolge zuverlässig und schnell auch im mannlosen Betrieb.
Dazu Wolfram Hermle „Diese Genauigkeit lässt sich meiner Kenntnis nach nur innerhalb des Haas Schleifmaschinen Kosmos realisieren. Nur wenn Software und Hardware perfekt aufeinander abgestimmt sind, entsteht das perfekte Werkzeug zur Fertigung eines perfekten Zahnrades. Wir bei Haas sind darauf trainiert vom gewünschten Endprodukt aus zu entwickeln. Die Frage „Welche Eigenschaften soll das Zahnrad besitzen?“ wird zum Ausgangspunkt unserer Fertigungsstrategie für das perfekte Wälzschälrad.
Sichern Sie sich jetzt einen Termin für ein persönliches Future Update. Wolfram Hermle freut sich bereits jetzt schon auf Ihr Feedback.
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